Galactose

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D-Galactose ist ein natürlich vorkommendes Kohlenhydrat und zählt neben Glucose, Mannose, Fructose, Ribose, Arabinose und vielen weiteren zu den Einfachzuckern (Monosaccharide). Im deutschsprachigen Raum wird sie wegen ihres Vorkommens in verschiedenen Schleimhäuten (Bestandteil von Oligo- und Polykondensaten) der meisten Lebewesen häufig auch als „Schleimzucker“ bezeichnet.

Wie bei natürlichen Zuckern fast immer der Fall, ist auch bei diesem in erster Linie die D-Form von Bedeutung. Wird von Galactose gesprochen, kann daher immer davon ausgegangen werden, dass D-Galactose gemeint ist.

In der Nahrung findet sich Galactose vorrangig in Verbindung mit Glucose als Disaccharid Lactose (Milchzucker). Hauptlieferanten sind also Milch- und Milchprodukte. Im Dünndarm wird Lactose mithilfe von Lactase zu Galactose und Glucose aufgespalten. Lactase, als benötigtes Enzym, ist allerdings im Erwachsenenalter meist nur stark vermindert aktiv bis gar nicht mehr vorhanden, da der Konsum von Milch evolutionstechnisch betrachtet dem Säugling vorbehalten ist. Mehr oder minder ausgeprägt liegt daher bei Erwachsenen eine Laktoseintoleranz oder –unverträglichkeit vor.
Nicht an Lactose gebunden kommen geringe Mengen Galactose z.B. in Tomaten, Papayas, Bananen, Wassermelonen und Hülsenfrüchten (Kichererbsen, Soja, Erbsen, Bohnen, …) vor.

Galactose kann im Gegensatz zur strukturähnlichen Glucose (Traubenzucker) - Unterschied ist lediglich eine seitenverkehrt angeordnete OH-Gruppe (Hydroxylgruppe) – ganz ohne Insulin verwertet werden. Weder Insulin selbst (Typ 1 Diabetes) noch funktionstüchtige Insulinrezeptoren (Typ 2 Diabetes) sind notwendig, um Galactose in der Zelle nutzbar zu machen (glykämischer Index von 20 [Glucose 100]). Über den „ZuckertransporterGLUT 3 können Galactosemoleküle permanent und ohne Abhängigkeit von weiteren Substanzen in die Zelle gelangen und dort enzymatisch in Glucose umgewandelt werden. Ob und wie viel Galactose in die Zelle geschleust wird hängt ausschließlich von der Galactosekonzentration im Blut ab und richtet sich auch mengenmäßig danach.
In der Leber kann Galactose über Galactose-1-phosphat zu Glucose-1-phosphat umgewandelt werden. Dieses wird entweder zu Glucose-6-phosphat isomerisiert und über Glykolyse zu Energie (Citratzyklus) oder es folgt die Regeneration zu UDP-Glucose („aktivierte Glucose“). Über den Citratzyklus und den Zwischenschritt zu α-Ketoglutarat (2-Oxoglutarat) kann Glutaminsäure (Glutamat) hergestellt werden. Dabei werden Ammoniakäquivalente verbraucht, die ansonsten in hohem Maß zellschädigend sind. Besonders davon betroffen sind Muskel- und Nervengewebe.
Bestimmte Nervenzellen im Gehirn können sich nur schlecht regenerieren. Oxidativer Stress und Ammoniakbelastungen über viele Jahre, können z.B. zu irreparablen Gewebeschäden führen und sich später in Form von neurodegenerativen und entzündlichen Erkrankungen (Alzheimer, Parkinson u. a.) zeigen.
Zur Unterstützung des Ammoniakabbaus im Gehirn, kann somit in vielen Fällen die Zufuhr von Galactose hilfreich sein.

Für Patienten mit Leber-Enzephalopathie spielt dieser „Nebeneffekt“ eine äußerst wichtige Rolle.
Chronische Lebererkrankungen (z.B. Leberzirrhose), die zu einer hepatischen Enzephalopathie führen, werden bereits oft selbst von Störungen des Glukosestoffwechsels (Glucoseintoleranz, hepatogener Diabetes/Insulinresistenz) begleitet. Galactose kann hier eine interessante Alternative zur Glucoseaufnahme darstellen und präventiv nützlich sein.

Insbesondere der Hirnstoffwechsel ist nämlich maßgeblich von Glucose (100-120 g/Tag) als Energieversorger abhängig bzw. von der gewonnenen Energie aus der Glykolyse. Der Glykogenspeicher des Gehirns könnte bei einem abrupten Ausfall der Energieproduktion nur für wenige Minuten eine ausreichende Versorgung gewährleisten. Schon bei einer erniedrigten Glucosekonzentration treten innerhalb kurzer Zeit Symptome wie Schwitzen, Verwirrung, Angst und in Folge Bewusstlosigkeit auf. „Unterzucker“.

Bei einer geringen Kohlenhydrataufnahme bzw. auch zwischen den Mahlzeiten oder während des Schlafs z.B., wird durch Gluconeogenese = Umkehr der Glykolyse, Energie gewonnen und bereitgestellt.
Als Ausgangsstoffe können z.B. Pyruvat oder Oxalacetat aus dem Abbau von glucogenen Aminosäuren (Alanin, Glutamin, Serin, Prolin, Arginin, … [1,75 mg Muskelprotein = 1 g Glucose]), Lactat, Succinyl-CoA oder Glycerin (aus dem Fettabbau) herangezogen werden.

Werden mit der Nahrung längerfristig keine Kohlenhydrate zugeführt, stellt der Organismus um in den Notenergiemodus der Ketose = Anstieg von sauren Ketonkörpern in Blut und Extrazellularraum. Hierzu werden in den Lebermitochondrien mittels Ketogenese aus Fettsäuren (aus dem Fettabbau, der bei Kohlenhydratmangel in Gang gesetzt wird) und ketogenen Aminosäuren (Leucin, Lysin; glucogen und ketogen – Phenylalanin, Isoleucin, Tryptophan, Tyrosin und Threonin) Ketonkörper gebildet, die insbesondere dem Zentralnervensystem als alternative Energiequelle zur Glucose dienen.

Energie aus Ketonkörpern kann allerdings maximal 2/3 des Energiebedarfs des Gehirns decken!
Glucose wird dennoch benötigt!

Bei Diabetikern kommt es aufgrund der besonderen Ernährungssituation besonders oft zu einem Engpass an Glucose und so zu einer Energieunterversorgung des Organismus – im speziellen des Gehirns.
Fehlende Energie verlangsamt alle Stoffwechselvorgänge oder sie erliegen sogar völlig. Stoffwechselendprodukte werden nicht mehr abtransportiert, „Plaque“, wie sie bei vielen Erkrankungen des Gehirns festgestellt wird, entsteht.
Studien und Beobachtungen zufolge entwickelt sich bei „Zuckerkranken“ nicht nur besonders häufig eine Leberzirrhose, sondern sie weisen auch ein erhöhtes Risiko auf, im Laufe ihres Lebens an Demenz oder Morbus Alzheimer zu erkranken.

Beide Gehirnfunktionsstörungen scheinen nämlich mit einer Dysfunktion des Insulin-Rezeptorsystems des Gehirns einherzugehen = „Typ 3 Diabetes“. Selbst wenn also körpereigenes Insulin vorhanden ist (Typ 2 Diabetes) oder im Falle von Typ 1-Diabetikern über Tabletten oder Spritzen verabreicht wird, ist nicht gewährleistet, dass es seine Aufgaben an Ort und Stelle tatsächlich erfüllen kann. Diese lokale Insulinresistenz ist möglicherweise gänzlich unabhängig von den beiden anderen Diabetes-Formen und kann somit auch bei Personen auftreten, die ansonsten nicht „Zuckerkrank“ sind.

Für Sportler stellt Galactose einen blutzuckerneutralen Energielieferanten dar, der zudem den Ammoniakabbau im Muskel unterstützt. Hohe Ammoniakkonzentrationen, die während des Trainings entstehen können, blockieren die Insulinrezeptoren und Zucker (Glucose) kann nicht mehr optimal aufgenommen werden. Leistungsabfall ist die Folge. Nimmt man Galactose zu sich, können die Zellen trotz blockierter Insulinrezeptoren mit Glucose versorgt werden und die Leistung kann konstant gehalten werden.

Insulinrezeptoren können aber auch durch andere Stoffe wie Zytokine (Entzündungsbotenstoffe) blockiert werden, die etwa bei einer Sepsis im Übermaß vorhanden sind. Laut einer Pilotstudie mit 70 Sepsis-Patienten soll die Gabe von Galactose die Erholung der Patienten sehr gut unterstützt haben.

Äußerst interessante Ansätze gibt es auch in Bezug auf IgA (Immunglobulin A)-Nephritis, eine der häufigsten nicht bakteriell verursachten entzündlichen Nierenerkrankungen weltweit. Die Ursachen der Erkrankung sind bis heute unklar; erbliche Faktoren scheinen jedoch naheliegend. Auffällig ist das vermehrte Auftreten nach Atemwegsinfekten. (IgA wird hauptsächlich in den Epithelzellen von Schleimhäuten produziert, um diese vor Angriffen durch Mikroorganismen zu schützen.) Bei Betroffenen wurden IgA und IgA1 mit strukturellen Abweichungen, einer Störung der O-Glykosylierung, gefunden. Beide besitzen weniger Sialinsäure und Galactose als normal. Möglicherweise kann eine gezielte Zufuhr von Galactose hier positiven Einfluss ausüben.

Als Baustein von Glykoproteinen ist der Schleimzucker ein wichtiger Bestandteil des extrazellulären weichen Bindegewebes, in welchem die Zellen gelagert sind. Die Extrazelluläre Matrix (EZM) hält die Zellen stabil zu einem Zellgerüst zusammen und fungiert als Übertragungsmedium zwischen ihnen. Sie reguliert den Wassergehalt im Gewebe und dient als Ver- und Entsorgungssubstanz.

Auch Glycolipide, die an der Außenseite der Lipiddoppelschicht von Zellmembranen dafür sorgen, dass die Kommunikation mit anderen Zellen und der Umgebung reibungslos funktioniert, sind auf das Vorhandensein von Galactose angewiesen.

Menschen mit Lactoseintoleranz vertragen reine Galactose problemlos.

Sonstige Namen für diesen Wirkstoff

D-Galactose